Das Patriarchat trägt High Heels
Das Tragen von Schuhen mit hohen Absätzen streckt die gesamte Körperhaltung, verlängert optisch die Beine und verleiht der Trägerin einen eleganten Gang. Vor allem aber führt es zu einer stark veränderten, unnatürlichen Körperhaltung, zu Hammerzehen, Überbeinen, Rückenleiden, Arthrose in Knie- und Fussgelenken und Krampfadern. Warum tun Frauen sich das an?
Gut, man könnte jetzt sagen, ich sei einfach nur neidisch, weil ich keine Schuhe mit Absätzen tragen kann. Es gab tatsächlich eine Zeit, in der ich mir das wünschte, weil ich fand, Frauen in High Heels bewegten sich anmutig und elegant – vorausgesetzt, sie hatten es drauf, das Anmutige und Elegante. Dass ich überhaupt auf die Idee kam, das Tragen von Stöckelschuhen könnte in irgendeiner Art wünschenswert sein, ist einzig und allein mit der patriarchalen Prägung zu erklären.
Wenn man Frauen fragt, warum sie Schuhe mit hohen Absätzen tragen, hört man oft: «Weil ich mich damit sexy und weiblich fühle.» Und dann sagen manche Frauen noch, sie täten es nicht wegen der Männer, sondern ganz allein für sich. Das nennt man Fremdbestimmung.
Lange Beine wirken attraktiv
Betrachten wir zunächst einmal die Fakten. In High Heels geht frau im Grunde genommen auf den Zehen. Sie tragen das gesamte Körpergewicht, das sich normalerweise auf die gesamte Fussfläche verteilt. Die Hauptlast trägt der grosse Zeh, während die übrigen je nach Schuhmodell ordentlich zusammengestaucht werden.
Die Frau, die High Heels trägt, wirkt automatisch grösser, und ihre Beine werden optisch gestreckt. Warum das attraktiv wirkt, hat seine Wurzeln tief in unserer Geschichte: Wer lange Beine hat, kann schneller rennen und Gefahren entkommen. Somit sind lange Beine sozusagen ein evolutionärer Vorteil. Dieser wird allerdings dadurch zunichte gemacht, dass Frauen auf High Heels kaum Stabilität haben und ganz einfach aus dem Gleichgewicht gebracht werden können. Ein Schelm, wer Böses denkt.
Der Hintern wackelt beim Gehen und signalisiert Paarungsbereitschaft
Aber bleiben wir bei den Fakten. Bei einer Frau, die High Heels trägt, kippt durch die Verlagerung des Körpergewichts das Becken nach vorne. Dadurch kommt der Busen besser zur Geltung; der Hintern wird ausgestellt und wackelt beim Gehen. In der Tierwelt gilt das als Zeichen der Paarungsbereitschaft. High Heels sexualisieren die Frau, indem sie Busen, Po und Beine betonen.
Ich habe mich oft gefragt, warum erfolgreiche und eigenständige Frauen öffentliche Auftritte mehrheitlich in Stöckelschuhen absolvieren – TED-Talks oder Symposien zum Beispiel. Warum sie ihre Füsse für diese Auftritte in Schuhe zwängen, die unmöglich bequem sein können und in denen sie wenig Halt haben.
Tatsächlich scheint es in der Business-Welt und auf dem roten Teppich ungeschriebene Gesetze zu geben, welche die Frauen zum Tragen von High Heels verurteilen. Frauen beugen sich diesen Gesetzen, um in der Geschäftswelt, in Politik und Wissenschaft voranzukommen und «professionell» zu wirken. Manchen ist das durchaus bewusst; andere glauben, sie würden sich aus freien Stücken dafür entscheiden, weil sie sich damit wohlfühlen. So funktioniert Gehirnwäsche.
High Heels sind Teil des weiblichen Balzrituals und sollen einen potenten Mann anziehen
Die Kulturwissenschaftlerin Ingelore Ebberfeld sieht High Heels als Teil des weiblichen Balzrituals. Sie sollen die körperlichen Vorzüge der Frau hervorheben und ihr helfen, einen potenten Mann anzuziehen. Ebberfeld sagte in einem Interview mit der «Welt», gegen einen bestimmten Teil unserer Eitelkeit könnten wir uns nicht wehren, weil sie Teil des Frauseins sei.
Das mit dem Balzritual sehe ich auch so, aber meiner Wahrnehmung nach geht es hier keineswegs um eine Form von Eitelkeit, die Teil des Frauseins ist, sondern um patriarchale Prägungen, die Frauen dazu bringen, sich auf eine bestimmte Weise zu verhalten, um Männern zu gefallen. Dass Frauen sich überhaupt anstrengen müssen/sollen/wollen, um Männern zu gefallen, hat damit zu tun, dass mit der Einführung des Patriarchats die «Female Choice» abgeschafft wurde, und zwar zur Sicherstellung der Vaterschaft, die in vorpatriarchalen Zeiten keine Rolle spielte.
Frauen unterwerfen sich zahlreichen «Codes», ohne es zu merken
«Female Choice» bedeutet: Es ist die Frau, die wählt – den Partner, die Zeit, den Ort und die Art und Weise. In diesem Zusammenhang hat Sex keine soziale Funktion. Eine solche kam erst auf mit dem Patriarchat, in dem Frauen Sex einsetzen müssen, um ihre Bedürfnisse nach existenzieller und emotionaler Sicherheit zu erfüllen.
In der patriarchalen Gesellschaft unterwerfen sich Frauen zahlreichen «Codes», ohne es zu merken. Ein Blick auf die Laufstege dieser Welt enthüllt das gängige Schönheitsideal, nämlich dass Frauen einen möglichst knabenhaften (= männlichen) Körper haben sollen. Zwar habe ich mir sagen lassen, dass Männer es durchaus schätzen, wenn an der Frau «etwas dran» ist, aber schlank präsentiert sich besser. Manche Frauen zwängen sich in so enge Kleidung, dass man um die Unversehrtheit ihrer inneren Organe fürchten muss. Chinesinnen banden sich während Jahrhunderten die Füsse ab, damit diese die Masse von Kinderfüssen behielten und nicht aussahen wie die Füsse einer erwachsenen Frau.
Nackte Haut wirkt besonders attraktiv, was erklärt, warum junge Frauen selbst bei kühlen Temperaturen in bauchfreien Tops unterwegs sind, ohne zu wissen, was sie dazu antreibt. Tja, und dann das Make-up. Grundsätzlich ist gegen Körperbemalung nichts einzuwenden, aber manche Frauen gehen ungeschminkt überhaupt nicht aus dem Haus, als wäre ihre natürliche Erscheinung niemandem zumutbar.
Männer kontrollieren einen Grossteil der Ressourcen
Und die Männer? Manche leiden angeblich unter Krawatten, doch sie müssen sich weder schminken, noch müssen sie unbequeme und gesundheitsschädigende Schuhe oder zu enge Kleidung tragen. Sie müssen keine nackte Haut zeigen und dürfen Glatze tragen. Zwar schätzen viele Frauen einen straffen Männerkörper, doch wenn der Mann sich als guter Versorger erweist, sieht frau über seine Wampe geflissentlich hinweg. Und selbstverständlich macht es ihr auch nichts aus, wenn er 20 Jahre älter ist als sie und seine besten Zeiten bereits hinter sich hat.
Wir leben in einer Welt, in der Männer einen Grossteil der Ressourcen kontrollieren. Da fühlen manche Frauen sich genötigt zu nehmen, was sie kriegen können.
Mehr dazu
- Female Choice – unser unbekanntes Menschenrecht, auf dem Blog von Gabriele Uhlmann
- High Heels: Schädlich für die Gesundheit, Zentrum der Gesundheit


