Gesundheit

Alte Weiber, die auf Bäume klettern

Ursprünglich tat ich es für meinen Sohn. Er war damals etwa 12 Jahre alt und ging zum Sportklettern, und ich sagte mir: Mach selber einen Kletterkurs, dann kannst du ihn sichern und ihr könnt sonntags, wenn es regnet, in die Kletterhalle. Ich ging nicht davon aus, dass mir das Spass machen würde, denn von weitem sah es anstrengend aus. Also wollte ich nur sichern, nicht klettern. Doch dann kam es anders.

Ich fand Gefallen daran – und heute bin ich öfters in der Kletterhalle als mein Sohn. Womit einmal mehr bewiesen wäre: Es ist gut, wenn man immer wieder Neues ausprobiert, auch wenn man nicht weiss, was dabei heraus kommt.

Bevor ich richtig loslegte, befragte ich das Orakel von Google. Ich wollte wissen, was über Sportklettern für nicht mehr ganz Zwanzigjährige wie mich geschrieben wird. Vielleicht war es ja kompletter Unsinn? Waghalsig? Kontraproduktiv? Gänzlich ungeeignet für Frauen im besten Alter?

Klettern ist der perfekte Sport für Frauen im besten Alter

Mitnichten: «Klettern ist für Ältere wie gemacht», befindet der Sportreferent Rainer Öhrle in diesem Artikel der Stuttgarter Nachrichten. Das Klettern in den unteren Schwierigkeitsgraden komme ohne Dynamik aus, und es gehe nicht um Schnelligkeit, dafür umso mehr um Tritt- und Griffsicherheit, Verlagerung des Körperschwerpunkts und um Technik. Auch das Schweizer Fernsehen attestiert dem Sportlettern für 50+ zig Vorteile.

Ich nenne dir 5 Gründe, warum du heute noch damit anfangen solltest:

1. Du bleibst körperlich fit

Sportklettern kräftigt die Muskeln am ganzen Körper. Das stärkt das Skelett und beugt der Osteoporose vor. Zudem werden Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit trainiert. Weil der Körper beim Klettern immer nur das eigene Gewicht tragen muss und keine Zusatzbelastung erfährt, werden auch die Gelenke geschont.

Und es stimmt, was der Sportreferent oben sagte: Es geht nicht um Geschwindigkeit. Man kommt zwar ins Schwitzen, fühlt sich aber nicht wie eine Hundertjährige beim Marathonlauf im Juli auf Sizilien.

2. Du bleibst geistig beweglich

Sportklettern fördert die Fähigkeit zum «Dual Tasking». Das bedeutet, dass  man gleichzeitig zwei verschiedene Dinge tut. Zum Beispiel Gehen und dabei eine Frage beantworten. Da bleiben manche Leute stehen, weil sie nicht beides gleichzeitig tun können.

Beim Klettern bist du körperlich in Bewegung und musst dabei überlegen, was du als nächstes tust. Es ist eine hochgradig mentale Angelegenheit: Du hängst in der Wand und musst entscheiden, wie es weitergeht. Vielleicht steckst du fest und merkst, dass dein Plan nicht aufgeht. Du musst deine Strategie ändern, vielleicht einen Umweg machen und überlegen, wie es gelingen könnte.

Sportklettern ist also gut für dein Oberstübchen und du bleibst dadurch länger clever & smart.

3. Du traust dich was

Wenn du dich an eine Route wagst, bei der du dich anstrengen musst, verlässt du deine Komfortzone. Damit dehnt sich dein Leben aus. Du vergrösserst deinen Radius und deinen Coolness-Faktor. Was du an der Kletterwand schaffst, das schaffst du auch im Leben.

Du kannst über dich hinaus wachsen, indem du dich etwas traust. Mit der Zeit gewinnst du Sicherheit und bist eher bereit, kalkulierbare Risiken einzugehen, indem du, wenn du an einer Stelle nicht weiterkommst, etwas ausprobierst, das dich Überwindung kostet. Im schlimmsten Fall fällst du ins Seil. Dafür ist es da. Und wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

4. Du lernst, Potenziale zu nutzen

Die Perspektive verändert sich. Aus Problemen werden Chancen. Ich fand  zu Anfang die kleinen, popeligen Griffe total nervig, weil man sich daran nicht gut festhalten kann. Nach einer Weile bemerkte ich, dass sich meine Einstellung dazu veränderte: Anstatt die kleinen Griffe als Problem zu sehen, sagte ich mir: Okay, da sind zwei kleine Griffe. Wie kannst du die jetzt am besten nutzen?

5. Du kommst auf Ideen

Es ist gut, wenn der Körper Bewegungen ausführt, die er noch nicht kennt. Dann lernt er nämlich etwas Neues. Das kann sehr inspirierend sein: Mir kommen beim Klettern manchmal überraschende Ideen und Gedanken, die nichts mit dem Sport zu tun haben. Das Gehirn wird gewissermassen neu verkabelt, wenn man Dinge tut, die man noch nie getan hat.

«Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern.»

Astrid Lindgren

Am besten machst du zum Anfangen einen Einsteigerkurs oder gönnst dir Privatstunden. Auf YouTube findest du viele Videos mit Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene. Und jede Menge Anregung, zum Beispiel dieses Video der Amerikanerin Brooke Raboutou, die mit 11 Jahren schon Rekorde brach. Hilfreich dabei war natürlich, dass sie keine Höhenangst hat.

Falls du eine solche hast, hilft Hypnotherapie, zum Beispiel bei Peter Kleylein in Bad Reichenhall. Dort kannst du dann gleich die Probe aufs Exempel machen: Der dortige Klettergarten Karlstein ist das grösste und bekannteste Sportklettergebiet im Berchtesgadener Land.

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